Psychosophie

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In der Begegnung mit anderen Menschen können wir uns selbst und andere besser verstehen lernen. Wenn wir miteinander sprechen, begegnen sich subjektive Welten. Vielleicht entstehen daraus Einsichten, die für das je eigene Leben von Bedeutung sind.

Freitag, 17. April 2009

Zuhören kann doch jeder

„Zuhören kann doch jeder“. Könnte man meinen. Meinen manche. Stimmt nicht, behaupte ich. Manche geben sich keine Mühe. Andere haben den Kopf voll und sind irgendwie „nicht auf Empfang“. Manche hören zwar, aber verstehen nichts. So selbstverständlich ist das Zuhören also nicht. Da wird etwas überhört. Verdreht. Ergänzt, aber nicht so wie es gemeint war. Beim Zuhören wird manches entstellt. Selbst dann, wenn es gelingt, das zum Ausdruck zu bringen, was gemeint war, ist es nicht selbstverständlich, dass es auch „so ankommt“. So, wie es gemeint war. Als Sprecher kann man sich viel Mühe geben. Sich um Verständlichkeit bemühen. Trotzdem… ob das Gemeinte auch verstanden wird, das hängt eben auch davon ab, dass jemand zuhört. Richtig zuhört. Intensiv zuhört. Und etwas versteht. Zuhören… können die wenigsten. Es dauert seine Zeit, sich die vielen Prozesse einmal bewusst zu machen, die beim Zuhören eine Rolle spielen. Zunächst – wir wählen aus. Das Ohr ist kein Mikrofon. So manches hören wir im Hintergrund, ohne wirklich hinzuhören. Es rauscht an uns vorbei… Mit dem Begriff „Hinhören“ kommen wir der Sache schon näher. Es geht aber nicht nur darum, WAS da jemand sagt, sondern auch, WIE jemand etwas sagt.
Dazu möchte ich eine kleine Geschichte erzählen. Da hatte ich also eine Frau sprechen hören und dachte mir – so wie die spricht, bleibt ihr bestimmt früher oder später die Stimme weg. Einer Kollegin hatte ich davon erzählt und die sagte: „Rolf, du spinnst. Die Frau quasselt wie ein Buch.“ Also, dachte ich mir, frage ich sie einmal selbst, sprach sie auf das an, was mir an ihrer Stimme aufgefallen war. „Das ist mir tatsächlich schon mal passiert“, erklärte sie daraufhin. Und auf die Frage, ob sie etwas „herunterschlucken“ würde, kam ein betroffener Blick. „Vor zwei Wochen ist mein Mann gestorben“. Mehr will ich nicht dazu schreiben… an dem, WAS sie gesagt hatte, war nichts zu hören gewesen. Aber dass sie beim Sprechen den Kehlkopf zusammenpresste, das konnte man an ihrer Stimme zu erkennen – wenn man hinhörte. Es gibt viele Feinheiten, die nicht in den Inhalten liegen, sondern an der Art und Weise, WIE jemand spricht. Und das ist weder „verbal“ noch „nonverbal“, es ist paraverbal, sprachbegleitend also. So weit verbreitet die Unterscheidung von „verbal“ und „nonverbal“ auch ist – sie ist verkürzend und falsch. Aber das ist wieder ein anderes Thema…
Also: das bewusste Zuhören fängt einmal damit an, sich klar zu machen, dass nicht alles, was von Bedeutung ist, in den Inhalten, in der Sprache, in den Worten liegt. „Zwischen den Zeilen“, genauer: zwischen den einzelnen Lauten gibt es auch etwas zu hören und eben auch darin, WIE jemand etwas „verlauten“ lässt. Eine kleine Pause kann viel bedeuten.
Aber auch die Inhalte werden nicht einfach originalgetreu aufgenommen. Vor allem dann, wenn jemand sehr schnell spricht, wird schnell etwas „überhört“. Weggelassen eben. Sorgfältig zuzuhören kann sehr anstrengend sein – alles aufzunehmen und zu verarbeiten macht Mühe. Es lohnt sich, einmal darüber nachzudenken, wann das Zuhören leicht fällt und was das Zuhören mühsam macht. Einer Vorlesung zu einem neuen Thema zu folgen kann anstrengend sein. Viel Information also, das ist ein Aspekt. Ob es eine Logik gibt, der man folgen kann, auch das spielt eine Rolle. Manche Stimmen sind angenehm. Andere weniger. Eine kurze Bemerkung, die neugierig macht, kann das Zuhören erleichtern. Aussagen, die den eigenen Vorstellungen entgegenstehen, können das Zuhören erschweren. Was wir nicht „hören wollen“, fällt gern unter den Tisch. Das größte Problem aber scheint mir darin zu liegen, dass meist sehr schnell interpretiert wird. Interpretieren und Verstehen sind dabei zwei verschiedene Dinge – mit Interpretieren meine ich hier, dass dem Gesagten eine Bedeutung beigemessen wird, die nicht beabsichtigt war. Gerade dort sind Missverständnisse beinahe unvermeidlich – der „gemeinsame Sinn“ kommt nur dort zustande, wo das Verstandene dem entspricht, was gemeint war. Das aber ist höchst selten der Fall. Was tun also? Im Zweifelsfall kann man nachfragen. Wiedergeben, was „angekommen“ ist. Klären, ob das wirklich so gemeint war.
Intensiv zuzuhören ist alles andere als einfach. Es ist Übungssache, etwas dass man lernen kann. Dort aber, wo Menschen anfangen, sich bewusst und intensiv zuzuhören, geschehen merkwürdige Dinge… vielleicht kommt es nur auf einen Versuch an?

2 Kommentare:

  1. Rolf, Du schreibst:
    „Zuhören kann doch jeder“. Könnte man meinen. Meinen manche. Stimmt nicht, behaupte ich.

    Rolf, das ist eine Frage des persönlichen Anspruchs.
    Kein Mensch kann erwarten, dass Gott und die Welt einem zuhört.
    Zuhören erfolgt oft da, wo man es am WENIGSTEN erwartet.
    Und da, wo man sich Zuhören herbeisehnt, da besteht nur Desinteresse.
    Die Karten werden jeden Tag wieder neu gemischt.

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  2. Stimmt, es ist ein hoher Anspruch, erwarten kann man das nicht. Schade ist es trotzdem, dass zwar Lesen, Schreiben und Rechnen als Kulturtechnik in der Schule vermittelt wird, das Zuhören und Miteinandersprechen aber nicht. Es ist ein Glück, wenn man auf Menschen trifft, die wirklich zuhören...

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