Psychosophie

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In der Begegnung mit anderen Menschen können wir uns selbst und andere besser verstehen lernen. Wenn wir miteinander sprechen, begegnen sich subjektive Welten. Vielleicht entstehen daraus Einsichten, die für das je eigene Leben von Bedeutung sind.

Freitag, 4. September 2009

Informationsmanagement und Mobbingprävention


(zur Vorgeschichte siehe... Mobbing Replay)

Ohne es zu merken, war ich eingedöst, das sanfte Summen im Aufzug hatte mich eingeschläfert... ein sanftes "Bing" zeigte mir an, dass wir Orbital Alpha erreicht hatten.
Es zog mich ins Café, vielleicht würde ich ja den Lehrer ohne Namen wieder treffen und erfahren, was aus seinen Ideen zur neuen Schule geworden war. Stattdessen sah ich Demmo an einem der Tische sitzen, die mir auf irgendeine Art verändert vorkamen. Nachdem wir uns begrüßt hatten, kramte er einen kleinen Datenblock hervor und tippte irgendetwas darauf ein. In der Mitte des Tisches wurde es jetzt heller, die Platte wurde zu einem Monitor, auf dem ich etwas lesen konnte. Praktisch fand ich das, ohne zu ahnen, welche Möglichkeiten diese Tische sonst noch zu bieten hatten...
"Ich habe nachgedacht", begann Demmo. "Und verschiedene Dinge sind mir dabei klar geworden. Es gibt eine Ebene, mit der ich selbst fertig werden muss, aber auch eine organisatorische Ebene, die mir bisher nicht so klar war. Das hat eben mit Medizin erstmal nichts zu tun. Es sei denn, man versteht Beziehungsmedizin noch viel umfassender als ich mir das bisher vorgestellt hatte. Im Grunde leuchtete es mir ja ein, dass die Beziehung zwischen Arzt und Patient ein wichtiges Element ist - jetzt aber sehe ich das gesamte Beziehungsgefüge im Krankenhaus als wichtiges Thema an."
So recht war mir nicht klar, was das mit dem zu tun hatte, was ich da auf dem Monitor stehen sah, aber Demmo half mir hier schnell weiter. "Die Idee ist einfach: wenn ich Mobbing vorbeugen will, muss ich mir über Informationsmanagement Gedanken machen. Und dazu habe ich mir drei wichtige Fragen notiert."
Eben diese Fragen waren es, die vor mir sichtbar geworden waren:

Was müssen die anderen wissen, damit sie ihre Arbeit machen können?
Welche Informationen müssen schnell und zuverlässig transportiert werden?
Welche Dinge sind für die Leute, die schon länger da sind, selbstverständlich, für Neue aber sehr wahrscheinlich unbekannt?


Die Pause, die mir Demmo ließ, nutzte ich zum Nachdenken... die Geschichte aus einer Telefonabteilung fiel mir ein, in der Mitarbeiterinnen Telefonbücher versteckt hatten, um eine bestimmte Kollegin in Schwierigkeiten zu bringen.... und die Erzählung eines Jurastudenten, der mir von herausgerissenen Seiten in Fachbüchern und Gesetzestexten in der Universitätsbibliothek berichtet hatte. Logisch, was man nicht nachlesen kann, weiss man eben in der Prüfung nicht... ohne die Telefonnummer kann ich einen Anrufer nicht korrekt weiter verbinden.
"Der Patient, der in ein anderes Zimmer verlegt wurde...", sagte ich also, in Gedanken wieder mehr in Demmos Krankenhaus. "Richtig - solche und andere Informationen sind einfach wichtig. Wenn es um Menschenleben geht, dürfen solche Prozesse nicht dem Zufall überlassen bleiben. Informationsmanagement heisst hier also, dafür Sorge zu tragen, dass nichts verloren geht, aus Versehen oder mit Absicht zurückbehalten wird, das für die Arbeit unverzichtbar ist."
Das leuchtete mir irgendwie ein.
Meine Gedanken schweiften schon wieder ab... nach einem Schluck aus der Tasse erzählte ich Demmo die Geschichte aus einer Kfz-Werkstatt. Ein Kunde wollte sein Auto blau lackiert haben. Nachdem er erfahren hatte, was das kosten würde, fragte er hinter vorgehaltener Hand: "Könnten Sie das nicht auch schwarz machen?". "Okay", kam als Antwort. Am nächsten Tag fand er sein Auto schwarz lackiert vor...
"Scherz beiseite... Missverständnisse können dabei auch entstehen und ich finde, das muss man auch berücksichtigen". Demmo gab mir Recht. "Mir sind da einige seltsame Dinge passiert... einmal wurde ich blass, als man mir erzählte, der Herr Dingens sei umgelegt worden... ja, in ein anderes Zimmer, aber ich dachte wirklich, man hätte ihn umgebracht. Dann hieß es, Frau Ypsilon sei 'gebeutelt' worden.
Was das bedeuten sollte, konnte ich nicht verstehen. Die Frau hatte einen Anus praeter und es ging um den Beutel für den künstlichen Darmausgang, der natürlich immer wieder gewechselt werden musste...". Je länger wir darüber nachdachten, umso mehr Problembereiche wurden deutlich, potentielle Quellen für Missverständnisse, Fehlentscheidungen und Schwierigkeiten.
Die dritte Frage schien mir ebenfalls interessant.
"Ich glaube," erklärte Demmo dazu, "dass die Einarbeitungsphase ein besonders sensibler Bereich ist, was Mobbingphänomene betrifft. Alle Informationen, die ich brauchte, musste ich mir mühsam zusammen suchen. So ganz nebenbei erfuhr ich oft zufällig Details über Regelungen, die nirgends aufgeschrieben waren. Da war es natürlich leicht, etwas zu finden, das man mir vorwerfen konnte. Also sage ich mir: es muss Einarbeitungspläne geben und eine Weitergabepflicht für wichtige Informationen. Es kann nicht sein, dass jemand einfach so da ist und alles erfragen muss. Schließlich ist es gar nicht so einfach, herauszufinden, welche Fragen da wirklich zu stellen sind. Wer wofür zuständig ist, was wie genau geregelt ist... solche Dinge müssen systematisch vermittelt werden.
Dann kann niemand über den neuen Arzt lästern, der das falsche Formular in die Verwaltung schickt, obwohl der Oberarzt für die Sache verantwortlich ist und natürlich sauer wird, weil er nicht gefragt wurde, ob... na, es ist ja egal, worum es dabei ging. Das Organigramm also, die Frage, wer wofür zuständig ist und wer in welcher Frage welche Entscheidungen tirfft, mit wem in welcher Situation Rücksprache gehalten werden soll... das kann man sich irgendwann zusammen reimen. Viel einfacher wäre es aber, wenn solche Dinge ganz deutlich in der Einarbeitungsphase erklärt werden würden."
Als ich in meiner Tasche kramte, fand ich einen Zettel. Aus Versehen musste ich dabei einen Sensor berührt haben, denn Demmos Fragen waren verschwunden. Noch seltsamer aber war, dass meine Finger plötzlich Spuren auf der Platte hinterliessen... mit diesem Ding konnte man doch tatsächlich zeichnen! Zum Glück, dachte ich mir, denn meine Krakelschrift war ja nun wirklich nicht leicht zu entziffern. "Über Informationsmanagement habe ich einmal ein gutes Buch gelesen", erklärte ich meine Zettelei. Nach kurzer Zeit hatte ich aus meinen Notizen eine Grafik gebastelt:
"Damit kann ich erstmal gar nichts anfangen", meinte Demmo. "Das dachte ich mir schon, das macht aber nichts", war meine Antwort. "Wenn mir ein besseres Modell einfällt, landet der Zettel im Papierkorb." Nach einem weiteren Schluck aus der Kaffeetasse stellte ich mit Verblüffung fest, dass ich überhaupt nicht geschlafen hatte.
Nur das Café und Demmo - die waren plötzlich verschwunden.


Literatur:
KRÄMER, S./WALTER, K.-D. (1996). Informationsmanagement. Medien effizient nutzen - das Wesentliche auswählen. München: Knaur Verlag.
BROMMER, U. (1995). Mobbing. Psycho-Krieg am Arbeitsplatz und was man dagegen tun kann. München: Heyne Verlag.

1 Kommentar:

  1. **Das Organigramm also, die Frage, wer wofür zuständig ist und wer in welcher Frage welche Entscheidungen tirfft, mit wem in welcher Situation Rücksprache gehalten werden soll... das kann man sich irgendwann zusammen reimen.**

    Aha.

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