Psychosophie

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In der Begegnung mit anderen Menschen können wir uns selbst und andere besser verstehen lernen. Wenn wir miteinander sprechen, begegnen sich subjektive Welten. Vielleicht entstehen daraus Einsichten, die für das je eigene Leben von Bedeutung sind.

Montag, 25. Januar 2010

Erleben und Erfahrung

Sind Erleben und Erfahrung dasselbe, oder gibt es da einen Unterschied? Es fehlt noch ein dritter Begriff: das Erlebnis. Wenn jemand von einem  
"Erlebnis" spricht, ist meist ein besonderes Erlebnis gemeint, und dabei eher ein angenehmes. Die Formulierung "eine gute Erfahrung gemacht" deutet ebenfalls auf ein angenehmes Erlebnis. So ganz sauber wird also nicht immer getrennt, Erlebnis und Erfahrung scheinen für manche mehr oder weniger dasselbe zu sein. Deshalb ist es vielleicht erklärungsbedürftig, warum mir eine Abgrenzung und das Bemühen um eine klare Begriffsbestimmung wichtig erscheint.
Zunächst zur Frage: was ist Psychologie?
Manche verstehen darunter die Wissenschaft vom menschlichen Verhalten.
Andere (schon etwas angenehmer) definieren:
Psychologie ist die Wissenschaft vom menschlichen Erleben und Verhalten.


Mache ich daraus "Erleben und Handeln" und nehme den Begriff 'Erfahrung' hinzu, gerät die empirische Psychologie in Schwierigkeiten - denn Erfahrung ist etwas Subjektives, Handeln nicht beobachtbar.

Zurück zu den Begriffen Erleben, Erlebnis und Erfahrung: Erleben umfasst zunächst die Sinneswahrnehmung, in einem erweiterten Verständnis gehören auch Gedanken, Gefühle, innere Bilder und Vorstellungen dazu. Also das, was mit dem Begriff 'inneres Erleben' bezeichnet wird. Teile davon sind messbar, es lassen sich Gesetzmäßigkeiten untersuchen und erfassen. Ein Erlebnis ist mehr als ein Moment, eher eine Szene, eine Erlebensfolge also, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckt.
Erfahrung ist etwas anderes - sie besteht aus Schlußfolgerungen, die aus dem Erlebten gezogen werden. Und - sie beruht auf einem 'Erleben-als', einer bestimmten Interpretation also. Sehr eindrückliche oder sich wiederholende Erlebnisse führen zur Entstehung von Mustern oder Schemata - die Inhalte und die Wirkung dieser Schemata hängen aber auch davon ab, wie das Erlebte verarbeitet wird. Erfahrung verdichtet gewissermassen die vielen Ebenen und Interpretationsmöglichkeiten von Erlebnissen und lässt sich sprachlich ausdrücken. Wenn von 'Erfahrungsaustausch' die Rede ist, sind meist jene Schlussfolgerungen gemeint, die Deutungen von Erlebnissen, die sich als Erkenntnis oder Einsicht niederschlagen. Das Erleben dagegen ist nicht immer sprachlich zugänglich. Manchmal fehlen hier die Worte - das Erlebte lässt sich oft sehr schwer vermitteln und deshalb auch nicht immer so leicht nachvollziehen.
Erleben ist ein Kontinuum - zumindest im Wachzustand. Vom Schlaf unterbrochen, könnte man sagen, mit Recht aber auch das Träumen als Erleben bezeichnen. Erfahrung dagegen setzt eine bewusste Verarbeitung voraus - und ergibt sich keinesfalls zwangsläufig mit der Zeit. Man kann über viele Jahre immer wieder dasselbe tun, hat damit auch nach landläufigem Verständnis 'viel Erfahrung' - trotzdem ist Erfahrung ein fragwürdiges Qualitätsmerkmal, solange die Entwicklung selbst nicht erkennbar und die Vielschichtigkeit des Erlebten nur oberflächlich verarbeitet ist.
In diesem Begriffsverständnis liegt eine große Chance: denn das Erlebte lässt sich nicht verändern, die Zeit nicht zurückdrehen. Die Schlussfolgerungen und die Verarbeitung des Erlebten lassen dagegen unterschiedliche Erfahrungsmöglichkeiten offen - und so lässt sich so manches, das als unangenehm erlebt werden, auch im Rückblick neu interpretieren. Auch aus unangenehmen Erfahrungen lässt sich durch den Rückgriff auf das ursprüngliche Erleben Neues entwickeln.


So oder anders kann man das eben auch sehen. Erleben. Erfahren...


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