Psychosophie

Impressum - Blogplugins - Bookmarks - Miteinander sprechen - Psychosophie - Frage und Antwort - Inhalt - Smiliecodes - MyNetvibes

In der Begegnung mit anderen Menschen können wir uns selbst und andere besser verstehen lernen. Wenn wir miteinander sprechen, begegnen sich subjektive Welten. Vielleicht entstehen daraus Einsichten, die für das je eigene Leben von Bedeutung sind.

Donnerstag, 29. April 2010

Tangerine Dreams: Girl On The Stairs

Aus der Kategorie Psychdelic Rock. Ein Video mit stimmungsvollen Landschaftsbildern.



*

Mittwoch, 28. April 2010

Werte, Wissenschaft und Politik

Dürfen sich Forscher für den Klimaschutz einsetzen? Die Frage berührt grundsätzlich das Verhältnis von Wissenschaft und Politik, im Artikel in der ZEIT werden zwei gegensätzliche Auffassungen gegenübergestellt. Beide sind Klimaforscher, der eine (Mojib Latif) spricht von Verantwortung, der andere (Hans von Storch) über die Bereitstellung von Wissen im politischen Willensbildungsprozess. Die Standpunkte beziehen sich auf unterschiedliche Wertvorstellungen - Verantwortungsbewusstsein legt politische Aktivität nahe, Neutralität dagegen politische Zurückhaltung. Am Beispiel des Themenfelds 'Klimawandel und Klimaschutz' lässt sich zeigen, dass es verschiedene Ebenen in der Diskussion gibt, die gelegentlich vermischt werden und durcheinander geraten. Mir geht es jetzt nicht darum, zu beurteilen, wer von den beiden nun Recht hat, sondern einfach um die Beschreibung dieser Ebenen.

1. Ebene: Theorien

Die Diskussion über Theorien wird meist innerhalb der Wissenschaften geführt. Nüchtern betrachtet ist es jederzeit möglich, dass es mehrere Theorien gibt, die miteinander konkurrieren. Langfristig setzt sich meist die eine oder andere Theorie durch. Theorien werden gelegentlich ergänzt, modifiziert, durch neue ersetzt.

2. Ebene: Befunde

Befunde kommen dem am nächsten, was in der Alltagssprache als 'Tatsache' bezeichnet wird. Untersuchungen, Messungen, Experimente: methodisch sauber und korrekt dargestellt sind sie überprüfbar. Wer hier Zweifel anmeldet, kann im Prinzip selbst nachmessen, sofern ihm die Möglichkeiten zur Verfügung stehen.

3. Ebene: Prognosen

Prognosen sind Berechnungen, die auf einem bestimmten Modell beruhen. Diese Modelle gehen von bestimmten Annahmen aus - dass die Wirkungszusammenhänge erkannt sind und in der Zukunft in derselben Weise Ereignisse beeinflussen. Verändert sich das Modell, verändern sich sehr wahrscheinlich auch die Prognosen.

4. Ebene: Schlußfolgerungen

Aus vorliegenden Befunden lassen sich meist mehrere Schlußfolgerungen ableiten. Schlußfolgerungen können formal falsch sein - oder durch neue Befunde widerlegt werden. Ein beliebtes Beispiel in Vorlesungen zur Wissenschaftstheorie ist die Behauptung "alle Schwäne sind weiß". Wenn man zehn Schwäne gesehen hat, die alle weiß waren, kann man durchaus auf diese Idee kommen... Ein einziger schwarzer Schwan belegt aber, dass die Schlußfolgerung falsch war. Die beobachteten zehn weißen Schwäne sind deshalb trotzdem 'da'.

5. Ebene: (Politische) Meinungen

Meinungen können durch wissenschaftliche Befunde und die Schlußfolgerungen, die daraus abgeleitet wurden, begründet sein. Sie sind aber nicht im wissenschaftlichen Sinn 'beweisbar'.

6. Ebene: (Politische) Ziele

Ziele lassen sich aus einer rein deskriptiven verstandenen WIssenschaft nicht ableiten. Rational können Ziele sein durch den Bezug auf Meinungen, Schlußfolgerungen und Werte. Ziele sind, wie Meinungen auch, begründbar - aber nicht Gegenstand der Wissenschaft.

7. Ebene: Werte

Wissenschaft kann niemals wertfrei sein, denn Wahrheit ist selbst ein Wert. Das zumindest ist meine Meinung, und damit wird zum Ausdruck gebracht, dass man Wissenschaft auch anders sehen kann. Nimmt man Begriffe wie 'Relevanz', 'Nützlichkeit' oder 'Lebensqualität' hinzu, bedeutet das, dass Wissenschaft wertvoll ist, oder vorsichtiger formuliert: wertvoll sein kann. Und (das ist ebenfalls eine Meinung) an Wert verliert, wenn sie durch politische, wirtschaftliche oder finanzielle Interessen in eine bestimmte Richtung gelenkt wird, wenn Themen, Ergebnisse und Schlußfolgerungen einseitig verzerrt werden.

Diese Ebenen klar zu trennen und in Diskussionen im Hinterkopf zu behalten (ob es nun um Klimaschutz geht oder etwas anderes) könnte durchaus zu einer konstruktiven Gestaltung des Dialogs beitragen. Der Frage, ob Klimaforscher sich nun für den Klimaschutz einsetzen dürfen oder nicht, möchte ich eine zweite Frage zur Seite stellen: wo fängt die Wissenschaft an und wo hört sie auf? Werden die Bereiche Werte, Wissenschaft und Politik klar genug abgegrenzt, ist es für 'normal Sterbliche' nachvollziehbar, wer sich gerade auf welcher Ebene bewegt? Könnte es sein, dass die Diskussionen über Klimaschutz vor allem dort unproduktiv werden, wo es um Werte geht, die sich trotz allem Bemühen eben nicht wissenschaftlich begründen oder belegen lassen?

*

Dienstag, 27. April 2010

Bookmarks sexualisierte Gewalt

Anmerkung: der Begriff "Missbrauch" wurde für die Bookmarks durch den Begriff "sexualisierte Gewalt" ersetzt. Der Begriff Missbrauch taucht zwar noch auf und wird auch in den gesammelten Texten verwendet. Die Abgrenzung zum Missbrauch von Suchtmitteln wird so aber klarer... Menschen sind keine Gegenstände, eine bedenkenswerte Argumentation.

Lachen ist gesund, sagt die Forschung

Lachen ist gesund, heißt es. Und es scheint so einfach zu sein. Im Grunde aber ist es ein komplizierter Vorgang. Es ist sogar Stress, jawohl. Allerdings ein 'guter', gehört in die Kategorie Eustress. Lachen kann ziemlich anstrengend sein. Das Gehirn ist dabei schwer aktiv. Die Vorstellung, dass Lachen die Gesundheit fördert, wurde bereits in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts (also im letzten Jahrtausend...) entwickelt und belegt. Auf die Psychologie des Blödelns verweise ich hier nur am Rande...
Dr. Lee S. Berk und Dr. Stanley Tan (Loma Linda University Medical Center, Kaliforinien) haben die Frage des Lachens wieder aufgegriffen, und sie hatten, wie man hoffen darf, ihren Spass dabei. Wie also reagiert der Körper, wenn man lachen muss? Oder sollten wir sagen: wenn man lachen darf? Wenn man etwas zu lachen hat? Zumindest kamen sie zu dem Ergebnis, dass Lachen verschiedene Funktionen im Körper in Schwung bringt, die Hormone im endokrinen System optimiert und Cortisol und Epinephrin abbaut. Damit trägt das Lachen also zur Stressreduktion bei, hier dem unangenehmen, dem Distress. Lachen fördert das Immunsystem, aktiviert die Produktion von Antikörpern, Abwehrzellen wie die T-Zellen, die von Krebszellen gar nicht gemocht werden. Tumorzellen haben also beim Lachen nichts zu lachen...

Das fröhliche Lachen also ist eine feine Sache...

14 Freiwillige nahmen an einer Lachnummer, pardon: Lachstudie, teil. Welchen Einfluss hat das Lachen auf auf die Hormone und auf den Appetit, wenn man diesen positiven Eustress mit dem negativen Distress vergleicht? Filme sollten sie dazu ansehen, jeweils 20 Minuten lang. Einen lustigen und einen traurigen. Der Blutdruck wurde gemessen, es wurde Blut abgezapft, die Ergebnisse notiert. Während des traurigen Films gab es keine auffällige Veränderung bezüglich der Appetithormone. Der lustige Film dagegen veränderte den Blutdruck und die Menge an Leptin und Ghrelin. Die Wirkung ähnelte dem Effekt, den leichte Bewegungsübungen haben, die Versuchspersonen bekamen Appetit.

Kritische Bemerkungen fügen die Autoren trotzdem an, wenn es um den Einsatz des Lachens als Methode geht - für Leute, die zu wenig Appetit haben, mag das gut sein, aber bei intensiven chronischen Schmerzen oder schweren Depressionen dürfte die Anregung des Lachens dann doch nicht so einfach und nicht so passend sein. Insgesamt aber lässt sich die Vorstellung, dass Lachen eine gute Medizin ist, dann doch bestätigen.



Quelle:
Federation of American Societies for Experimental Biology (2010, April 26). Body's response to repetitive laughter is similar to the effect of repetitive exercise, study finds. ScienceDaily. Retrieved April 26, 2010, 

*

Montag, 26. April 2010

Wie rational sind unsere Ängste?

Hat Angst etwas mit Rationalität zu tun? Können Ängste vernünftig sein? Ja. Manchmal. Manchmal auch nicht. Oder - mehr oder weniger. Wenn ich Angst habe, einfach so über die Straße zu gehen, ist die Angst, überfahren zu werden, real. Denn da könnte ja wirklich etwas passieren. Also - es gibt eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass etwas passieren könnte. Vernünftig ist dann eben, vorsichtig zu sein. Und weil ich weiß, dass ich da etwas tun kann, um die Gefahr zu reduzieren, ist Angst hier kein großes Problem. Die Vernunft, die in der Angst steckt, bezieht sich auf ein Risiko, eine Gefahr, die mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit auftritt. Nur - wie groß sind denn die Gefahren wirklich, die Ängste auslösen? Mit solchen Fragen beschäftigt sich die Forschung zur Risikowahrnehmung - und die Ergebnisse zeigen, dass wir dabei meistens kräftig daneben tippen. Das, was uns aufregt, Ängste auslöst und Sorgen bereitet ist nicht unbedingt das, was uns umbringt.
Ali Arbia hat das Thema mit seinem Artikel Mediale Wahrnehmungsverzerrungen und Risiko aufgegriffen - und beschreibt darin die Verschiebung der Wahrnehmung durch die Aufmerksamkeit, die einem bestimmten Thema in den Medien zuteil wird. Und das kann eben bedeuten, dass für ein vergleichsweise geringes Risiko ein enormer Aufwand betrieben wird, während wesentlich gefährlichere Bereiche in den Hintergrund treten. Gleichzeitig wird deutlich, dass das Thema Risikowahrnehmung sich durch viele unterschiedliche Bereiche zieht - denn Risiken können sich auf Gesundheitsrisiken, ökologische Risiken, Technologien und politische Bedrohungen beziehen. Mit der Bemerkung, dass die mediale Berichterstattung "unser Bauchgefühl prägt", hat Ali Arbia einen zentralen Aspekt des Problemfelds angesprochen. Denn das psychische Erleben folgt eben nicht der Rationalität, was bedeuten würde, einem großen Risiko auch eine entsprechend intensive Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Ziemlich harmlose Tiere wie Spinnen und Mäuse können enorme Ängste hervorrufen, während andere Dinge, die im Grunde wesentlich gefährlicher sind, keine Reaktion hervorrufen.
Marc Scheloske hat sich ebenfalls mit dem Thema Risikowahrnehmung beschäftigt. In seinem Artikel über Phonetisch-terminologische Aspekte der Risikowahrnehmung beschreibt er die Bedeutung der Begriffe, mit denen eine bestimmte Gefahr bezeichnet wird. Ist eine Substanz nur deshalb gefährlicher, weil der Name schwerer auszusprechen ist? Eine grundsätzliche Annahme ist recht einfach: das Bekannte macht weniger Angst. Die Logik der systematischen Desensibilisierung beruht ja auf der Erfahrung, dass das vermeintlich Bedrohliche gar nicht so schlimm ist. Wer sich einer Spinne langsam annähert und dabei die Erfahrung macht, dass eben doch nichts Furchtbares passiert, verliert mit der Zeit auch die Angst. Aber etwas Unbekanntes, das noch dazu schwer auszusprechen ist... das muss gefährlich sein...
Ein weiterer sehr aufschlussreichen Artikel stammt von Peter M. Wiedemann und Johannes Mertens: Sozialpsychologische Risikoforschung wird mit Risikokommunikation in Verbindung gebracht - und dabei wird die unterschiedliche Einschätzung von Risiken durch Laien und Experten als Kernkonflikt deutlich. Es ist ein Problem, das sich durch viele Felder hindurchzieht. Wie hoch ist die Akzeptanz bestimmter Technologien (wie etwa der Kernenergie) in der Öffentlichkeit und welche Rolle spielt dabei die Einschätzung der Risiken, die mit dieser Technologie verbunden ist?

Den Abschnitt zur "Psychometrie der Risikowahrnehmung" möchte ich kurz zusammenfassen:

Risiken werden intuitiv bewertet. Als gefährlich gilt vor allem...
...das, was die eigene Person betrifft,
...was man selbst nicht beeinflussen kann,
...von anderen Menschen verursacht ist (im Vergleich zu natürlichen Risiken) und
...zu einer Katastrophe mit mehreren Todesfällen zum gleichen Zeitpunkt führen kann.

Das klingt einfach und handfest und man kann so manche plausibel klingende Schlußfolgerung daraus ableiten. Wiedemann und Mertens bewerten den Ansatz der psychometrischen Risikobewertung trotzdem kritisch. Kann man damit individuelle Risikobewertungen erklären? Das scheint nicht so ganz gelingen zu wollen...
Zurück zur Studie, die Marc Scheloski erwähnt hat - in der Bezeichnung einer Substanz durch verständliche oder unverständliche Begriffe sind keine Informationen über persönliche Betroffenheit, Kontrollierbarkeit oder die Wahrscheinlichkeit einer Katastrophe enthalten. Warum also erscheint das, das schwer auszusprechen ist, gefährlicher?
Als Alternative möchte ich deshalb hier die These in den Raum stellen, dass es vor allem die inneren Bilder sind, die Menschen mit einem Risiko verbinden, die über Rationalität oder Irrationalität der Risikowahrnehmung entscheiden. Eine Katastrophe wie der Anschlag auf das World Trade Center, das ist etwas Schlimmes, das ist gefährlich, da muss man etwas tun. Andere Dinge sind vielleicht viel wahrscheinlicher, aber sie werden als relativ harmlos wahrgenommen, weil unser Gehirn kein Katastrophenbild damit verbindet. Als kleine Ergänzung eine Geschichte von Whorf. Nicht dem Worf aus Star Trek, sondern von Benjamin Lee Whorf... (aus "Sprache - Denken - Wirklichkeit. Beiträge zur Metalinguistik und Sprachphilosophie"). Eine Halle war abgebrannt. Was war geschehen? Ein Arbeiter hatte eine brennende Zigarette in ein Wasserbecken geworfen. Wie das sein kann? Die Flüssigkeit war eben brennbar... aber in der Wahrnehmung des Arbeiters war das "Wasser" natürlich harmlos. Sprache vermittelt Bilder und prägt damit die Risikowahrnehmung.

Vielleicht sind die Aliens ja noch gefährlicher als alles andere? Die Spekulationen über Sinn und Wahrscheinlichkeit außerirdischer Besuche überlasse ich gern den Physikern und Alienfans. Der Skepsis von Jörg Rings schließe ich mich an: warum sollten Außerirdische, die notwendigerweise ein sehr hohes technologisches Niveau erreichen müssten, um überhaupt auf die Erde zu gelangen, ein Interesse daran haben, uns auszuplündern? Stellt man sich assimilierwütige Borgs vor, muss der Kontakt zu Außerirdischen eine furchtbar riskante Sache sein. Käme ein Vulkanier mit einer zu einem V geformten Hand und dem Spruch "Lebe lang und in Frieden", sieht die Sache schon anders aus. Die Rationalität der Angst könnte also durchaus etwas mit den Bildern zu tun haben, die wir um bestimmte Substanzen, Technologien, Ereignisse, Tiere, Menschen, Gruppen, Katastrophen usw. herumbasteln.

Noch eine kurze Bemerkung zum Thema "Risikokommunikation, Experten und Laien" - die mediale Verzerrung lässt sich vielleicht korrigieren, wenn sich Wissenschaftler darum bemühen, möglichst realistische Vorstellungen von dem zu vermitteln, was gefährlich ist oder gefährlich werden kann. Einen breiten Konsens zur Risikoeinschätzung wird es deshalb trotzdem nicht in allen Fragen geben. Menschen sind nun einmal unlogisch.

*

Sonntag, 25. April 2010

Das Sein und das Mögliche - eine Tagtraumgeschichte

Es soll ja Menschen geben, die auch tagsüber gelegentlich träumen. Im Frühling kann man es sich durchaus vorstellen, irgendwo spazieren zu gehen und dabei auf einer Parkbank zu sitzen. Möglich wäre es also schon, dort Menschen zu begegnen und mit ihnen über so allerlei nachzudenken. Wer mit wem nun wirklich... das bleibt verborgen.


- Im Grunde leben alle Menschen in einem von zwei Räumen. Der eine ist das Sein, der andere das Mögliche.
- Aha, und was schließen wir daraus?
- Vorsicht, bei den Schlußfolgerungen sind wir noch nicht... vorher wollen wir erklären, was es mit den beiden Räumen auf sich hat.
- Muss man das erklären?
- Beide Räume haben ihre Vorzüge... der Raum des Seins zeigt uns die Realität. Der Raum des Möglichen zeigt uns die Ideen.
- Kann man das wirklich so sagen, dass alle Menschen sich nur in einem der beiden Räume aufhalten?
- Nein, eher... dass sie den einen oder anderen bevorzugen. Solange sie sich auf das konzentrieren, was ist, übersehen sie das Mögliche. Und wenn sie nur das Mögliche sehen, verlieren sie vielleicht den Bezug zur Realität.
- Also wäre es am besten, öfter mal von einem Raum in den anderen zu wechseln?
- Das wäre möglich.... und manchmal scheint es auch so zu sein.
- Vielleicht merken manche Menschen es einfach nicht, in welchem Raum sie sich aufhalten... und kommen deshalb überhaupt nicht auf die Idee, nach einem zweiten Raum zu fragen...
- Möglich... das ist wohl so.
- Sind diese Räume wirklich voneinander getrennt? Oder gehört das Mögliche nicht irgendwo auch zum Sein?
- Im Grunde ist es so, dass das Mögliche dem Sein innewohnt... aber das Mögliche IST eben nicht, es ist nur als Möglichkeit möglich und kein wirklich Seiendes... zumindest noch nicht...
- Da müsste der Raum des Möglichen im Grunde viel größer sein als der Raum des Seins...
- Möglicherweise...
- Was bedeutet das nun, wenn man sich in dem einen oder anderen Raum aufhält?
- Beschränkung. So oder so - die beiden Räume lassen sich nicht so einfach vermischen. Die Sinne vermitteln keinen Blick auf das Mögliche, die Fantasie gibt keine Auskunft darüber, ob das Vorgestellte wirklich real ist... noch nicht einmal darüber, ob das Vorgestellte real werden kann.
- Und warum nicht?
- Weil die Realisten, die etwas Bestimmtes für möglich halten, sich dabei nur im Raum der eigenen Erfahrung bewegen - sich also auf das Seiende beziehen, auch dann, wenn es einmal war und nicht mehr ist. Der Raum des Möglichen dagegen ist ohne Fantasie nicht zu erkennen - aber nicht alles, was man sich vorstellen kann, ist auch wirklich möglich. Und nicht alles, was als Möglichkeit erscheint, ist auch sinnvoll.
- Das, was ist, ist auch nicht immer sinnvoll...
- Sinn ist keine Voraussetzung für das Sein. Sonst gäbe es keinen Unsinn auf der Welt.
- Welchen Sinn hat eigentlich das Sein des Unsinns?
- Genausogut kann man nach dem Sinn des Todes, des Schlechten und des Falschen fragen... ohne diese Gegenüberstellung könnten wir das Leben, das Gute und das Wahre nicht erkennen.
- Also kann das Seiende Unsinnig und das Mögliche sinnvoll sein... aber auch das Seiende sinnvoll und das Mögliche unsinnig...
- Genau.

Dieses Gespräch hat zwar im Raum des Möglichen stattgefunden, aber die Frage nach dem Sein ist, ganz realistisch betrachet, immer auch eine Frage nach dem Möglichsein. Realistisch ist, dass dabei durchaus sinnvolle Möglichkeiten erkennbar sind, die das Sein verändern können... wenn das Mögliche wirklich möglich ist. Und darüber kann man ganz real nachdenken... möglicherweise.

Freitag, 23. April 2010

Peter Kruse: Netzwerke, Wirtschaft und Gesellschaft

Peter Kruse sprach während der re:publica 2010 über die Veränderungen, die Netzwerke in Wirtschaft und Gesellschaft auslösen. 30 Minuten, nicht ganz einfach, aber spannend.
Zentrale Themen und Denkanstöße aus dem Vortrag:
Worum geht es eigentlich bei den Debatten rund um das Internet? Welche Bedeutung haben Werte und Wertdifferenzen, die im Internet aufeinanderprallen?
Was würde es bedeuten, wenn man die Wertewelten, die unterschiedliche Gruppen von Internetnutzern vertreten, transparent machen könnte? Regeln verändern sich. Das Internet zwingt zum Umdenken. Machtverhältnisse verschieben sich und was das alles bedeutet, lässt sich noch kaum absehen. Wird die Gesellschaft neu politisiert?



*

James Asher: Dance of Fire

Der Feuertanz... aus der CD "Feet in the Soil". Da brennt der Bildschirm auch ohne Holz.



*

Die Macht der Pharmaunternehmen

Wie zuverlässig sind Arzneimittelstudien?
Selten lässt sicher herausfinden, wer eine bestimmte Studie finanziert - in einem ganz konkreten Fall aber war es die Bundesärztekammer, die etwas ganz Bestimmtes wissen wollte: Welchen Einfluss hat die Finanzierung von Arzneimittelstudien auf das Ergebnis? Das Ergebnis ist bedenklich - Studien, die von Pharmaunternehmen finanziert werden, sind zwar methodisch meist besser. Aber das Ergebnis ist auffallend häufig günstig für den Wirkstoff, der untersucht wurde. Wenn nicht, bleiben die Studien häufig in der Schublade und niemand erfährt etwas davon. Näheres dazu lässt sich im Ärzteblatt nachlesen.

Sind die niedergelassenen Ärzte korrupt?
Pharmaunternehmen beeinflussen aber nicht nur die Forschung - sie sind auch daran interessiert, dass niedergelassene Ärzte ganz bestimmte Medikamente verschreiben. Und dafür sind eben gewisse Zuwendungen gedacht... Ein Urteil des Oberlandesgerichts Braunschweig könnte nun eine Welle von Strafverfahren gegen Ärzte und Apotheker auslösen. Näheres dazu in der Frankfurter Allgemeine.

Solche Meldungen erinnern an einen Skandal aus den 60er Jahren - damals ging es um Thalidomid, einen Wirkstoff, der trotz der bekannten Bedenken weiter verkauft wurde. Als Beruhigungsmittel namens Contergan. Nun darf sich jede und jeder ihren und seinen Teil dazu denken.

*

Handlungsorientiertes Situationsmodell



Manchmal sagt ein Bild mehr als tausend Worte... Alles zu erläutern, was in diesem Modell an Überlegungen steckt ist Stoff genug für ein dickes Buch. Im Grunde soll es aber mehr ein Ansatz sein, dem Nachdenken über das Handeln eine Form zu geben. Je mehr Details dabei berücksichtigt werden, umso schlechter wird das Modell - oder benötigt eben Ergänzungen, nähere Beschreibungen, vielleicht auch andere Begriffe. Ziel und mögliches Anwendungsfeld ist aber auch die Entwicklung der Handlungsfähigkeit - und dabei sind die grünen Felder als Ressourcen und Ansatzpunkte von besonderer Bedeutung. Die Betrachtung berücksichtigt auch den Aspekt 'Verhalten in Situationen' - wenn ich erklären bzw. verstehen will, warum Menschen tun, was sie tun, findet sich so mancher Hinweis eben nicht in der Person selbst, sondern in der Situation mit ihren Bedingungen und Möglichkeiten. 

Donnerstag, 22. April 2010

Mit dem Krieg im Kopf den Frieden finden?


ExId - mein Kürzel für "experimentelle Identifikation". Eine schwierige Übung diesmal... wie mag das sein für die Kriegsveteranen, die den Krieg nicht aus dem Kopf bekommen, verwundet wurden, erlebt haben, wie neben ihnen Kameraden sterben, zerstückelt, zerfetzt, zerbombt, zerrissen wurden?
Zurück kehren, glücklich vielleicht darüber, dass es vorbei ist, der Einsatz ein Ende findet, aber dann... wachsen die Probleme, die Erinnerungen kommen hoch, verlangen nach Aufarbeitung. Und niemand ist da, der Verständnis hätte. Untauglich plötzlich, kämpfen müssen um Anerkennung, die Frage, was hatte ich nun davon, für mein Land zu kämpfen? Zweifel vielleicht, war es denn wirklich ein Kampf für das eigene Land? Wird irgendjemand in Deutschland DANKE sagen, interessiert sich überhaupt jemand dafür? Lehnen nicht die meisten den Krieg ab, mit dem Bewusstsein über die deutsche Geschichte und dem Gedanken 'nie wieder Krieg' im Kopf?
Man kann es sich einfach machen, wenn man nicht drinsteckt. Soldaten, das sind Leute, die sich daran gewöhnt haben, einen Auftrag gehorsam auszuführen, auch wenn sie dabei das eigene Leben aufs Spiel setzen. Das sind Leute, die bereit sind, zu töten und die auch ganz genau wissen, wie man so etwas macht. Das sind aber auch Leute, die den Tod erleben, erfahren, in allernächster Nähe. Und vielleicht auch einmal zweifeln, wofür sie überhaupt kämpfen, ob das Sinn hat, was sie da tun. Trotzdem... für das eigene Land... wenn das Leben auch erhalten bleibt, die traumatischen Erlebnisse hinterlassen ihre Spuren. Verbraucht, untauglich, nicht mehr zu verwenden. Unverstanden, denn wer will schon damit zu tun haben, wer will schon etwas davon wissen, was da Tausende von Kilometern entfernt statt fand und statt findet. Das Bemühen, optimal zu funktionieren, sich von Gefühlen nicht aufhalten zu lassen... man kann es sich nicht leisten, Mitgefühl zu empfinden, wenn man den Abzug drückt. Die Neutralisierung des Menschlichen ist Voraussetzung dafür, den Feind vernichten zu können. Danach kommen sie mit aller Kraft zurück, die weggeschobenen Erinnerungen und Gefühle, treffen auf eine Struktur, die mit Gefühlen nicht wirklich umgehen gelernt hat, auf ein Muster, das aus der Not der Situation alles Störende beiseite schieben musste.

Stolzer Soldat, Schwäche darf nicht sein. 
Geknickter Veteran, bleib mit deinem Schmerz allein.
 
Das ist die Botschaft, die Deutschland seinen Soldaten vermittelt.
Aber gerade dem da, der aus Überzeugung in den Krieg gezogen ist, gerade dem, der bereit war, zu töten, gerade dem wünsch ich Frieden.

*

Mittwoch, 21. April 2010

Glashaus: Trost

Ist das ein musikalisches Trostpflaster?

Vielleicht hilft es ein bißchen,
dort du grade bist
zu hören und zu wissen,
dass ich weiß, wie das ist...

Was ist Trost? Aufmunternde Sprüche wie "wird schon wieder"? Mitgefühl? 
Oder - das Wissen, mit dem eigenen Schmerz nicht allein zu sein?



*

Wie ist das, wenn man spinnt?

- Papa, wie ist das, wenn man spinnt?
- Wie kommst du denn jetzt darauf?
- Naja, in der Schule sagen mir andere oft, ich würde spinnen. Dabei sehe ich bloss manches anders. Aber deshalb bin ich doch nicht verrückt oder?
- Na, eine andere Ansicht haben und verrückt sein, das sind wirklich zwei verschiedene Dinge...
- Wie wird man eigentlich verrückt?
- Du stellst Fragen... aber erstmal möchte ich zurückfragen. Was meinst du mit "verrückt"?
- Wenn man eben plemplem ist. Nicht mehr ganz bei Trost. Einen an der Waffel hat oder so.
- Wie ist das, wenn man einen Schnupfen hat?
- Dann ist man eben krank, aber das ist doch etwas ganz anderes!
- Das, was man mit 'plemplem' oder 'einen an der Waffel' bezeichnet ist genau genommen auch eine Form von Krankheit.
- Muss man dann ins Bett und Tee trinken?
- Au weia, jetzt wird es aber schwierig... Hör mal, der Mensch besteht nicht nur aus einem Körper, da ist ja auch etwas drin...
- Der Magen?
- Nein, ich meine im Kopf.
- Gedanken?
- Jetzt kommen wir der Sache schon näher. Viele sprechen von der "Seele" oder dem "Geist". Man kann aber auch einfach Psyche dazu sagen. Und die Psyche, zu der deine Gedanken gehören, die kann eben auch krank sein.
- Aha, und das ist dann 'plemplem'? Wenn die Psyche krank ist?
- Da gibt es sehr viele Möglichkeiten und dicke Bücher, in denen die verschiedenen Arten von 'plemplem' beschrieben sind. Sag mal, wenn dir etwas kaputt gegangen ist, dann bist du doch traurig oder?
- Ja klar...
- Hört das dann auch wieder auf? Das mit dem Traurigsein meine ich?
- Irgendwann schon... wenn ich etwas Neues bekomme...
- Wie wäre das, wenn das Traurigsein gar nicht mehr aufhören will?
- Schlimm. Ist das 'plemplem'?
- Es ist eine Möglichkeit, psychisch krank zu sein. Wenn man traurig ist und es geht einfach nicht weg. Wenn man sich nicht mehr freuen kann. Oder einfach Angst hat ohne so recht zu wissen, warum. Oder wenn man Dinge sieht, die gar nicht da sind, aber völlig davon übezeugt ist, dass sie da sind.
- Aha... heisst das, man kann ganz verschieden spinnen?
- Genau. Aber mit dem Begriff "verrückt" ist niemandem geholfen. Es ist doch keine Schande, wenn man einen Schnupfen hat oder?
- Nein, wieso auch, kann doch jedem passieren!
- Eben. Und dass die Psyche einmal krank wird, weil man mit irgendwelchen Sachen nicht fertig wird, das kann auch jedem passieren. Aber das wissen viele nicht... und deshalb gibt es auch immer wieder einmal Leute, die darüber aufklären.

Die Aufklärungsinitiative "Verrückt? Na und!" startet 2010 mit den Städten: Gelsenkirchen, Kassel, Leipzig, Lüneburg, Stuttgart.

*

Künstliche Augen

Tel Aviv. Professor Yael Hanein erforscht Möglichkeiten, blinden Augen zu neuer Sehkraft zu verhelfen. Die Sehnerven werden dabei mit Elektroden versehen, die das Zellwachstum stimulieren. Im Tierversuch waren die Bemühungen bereits erfolgreich, und eines Tages wird es vielleicht möglich sein, Implantate für Menschen herzustellen. Aber das ist noch ein weiter Weg.... bis dahin können die Ergebnisse immerhin die Herstellung von Arzneimitteln anregen, die sich auf die Behandlung von empfindlichem Nervengewebe im Gehirn beziehen. Ein Millionstel Millimeter sind die Kohleröhrchen ('carbon tubes') groß und sehen aus wie Spaghetti (so steht's geschrieben, obwohl Spaghettti normalerweise nicht wie Kohle aussieht...). Diese 'Kohlespaghetti' werden dann unter Strom gesetzt... und fördern das Zellwachstum. Wie die Nervenzellen genau interagieren, kommunzieren und wachsen und zusammenarbeiten ist dabei noch mit vielen Fragen verbunden. Aber dass es eines Tages bionische Augen gibt, ist durchaus möglich.

Literatur:

   1. Asaf Shoval, Christopher Adams, Moshe David-Pur, Mark Shein, Yael Hanein and Evelyne Sernagor. Carbon nanotube electrodes for effective interfacing with retinal tissue. Frontiers in Neuroengineering, 2009; 2 DOI: 10.3389/neuro.16.004.2009
   2. Raya Sorkin, Alon Greenbaum, Moshe David-Pur, Sarit Anava, Amir Ayali, Eshel Ben-Jacob, Yael Hanein. Process entanglement as a neuronal anchorage mechanism to rough surfaces. Nanotechnology, 2009; 20 (1): 015101 DOI: 10.1088/0957-4484/20/1/015101

Quelle:

American Friends of Tel Aviv University (2010, April 21). Seeing a bionic eye on medicine's horizon. ScienceDaily. Retrieved April 21, 2010, from
http://www.sciencedaily.com/releases/2010/03/100322143221.htm

Dienstag, 20. April 2010

Manoa: African Summer

"Very relaxing after a hard days work" - so lautet ein Kommentar zum Video 'African Summer'. Entspannend, aber auch dynamisch, damit als Hintergrund für Körperübungen in der Physiotherapie oder im Sport durchaus geeignet. Oder einfach so...



*

Wenn Patienten ihre Medikamente nicht nehmen wollen

Anmerkung: hier geht es um medizinische Kommunikation - für Ärztinnen und Ärzte, gleich welcher Fachrichtung...

Wenn Patienten ihre Tabletten nicht nehmen… kommen Ärzte in einen Argumentationsnotstand. Die Voraussetzung, dass ihre Autorität anerkannt ist, ärztliche Anweisungen demnach auch ausgeführt werden, ist (heute) keine Selbstverständlichkeit mehr. Die Frage ist, ob es hier wirklich um einen Argumentationsnotstand geht oder eher um ein Zeitproblem – die Vorstellung, es würde ja schließlich viel zu lange dauern, die Zusammensetzung, Wirkung und mögliche Nebenwirkungen eines Medikaments zu erläutern, geht vielleicht von einer Zeitvorstellung aus, die sich auf 5-10 Minuten bezieht. Das aber kommt auf einen Versuch an…  In 30 Sekunden lassen sich genug Informationen vermitteln, um die Bedeutung eines Medikaments zu erläutern. Wer es nicht glauben will: ausprobieren und Zeit stoppen…

Der Kerngedanke dabei ist der Verzicht auf einen akademischen Vortrag, eine bewusste Auswahl, die Beschränkung auf das Wesentliche, die Konzentration auf Aussagen, die zur Einnahme der verordneten Tabletten motivieren – Überzeugen ist die Devise, die Frage also, welche Informationen aus der Patientenperspektive wichtig sind. Ein kurze Argumentationslinie als Fünfsatz vorzubereiten – das macht zunächst Arbeit, wird aber mit einiger Übung zur Routine. Es erscheint sinnvoll, zunächst dort anzusetzen, wo die Weigerung, Medikamente einzunehmen, zu ernsthaften Problemen führt – Folgen, die Laien möglicherweise nicht bekannt sind oder die sie unterschätzen.  Der Begründungsgang ist als Gliederungsvorschlag nicht mehr als ein Entwurf:

1. Probleme: Symptome und Gefahren

Von den Problemen des Patienten auszugehen bedeutet, Probleme und Symptome zu benennen – und daran orientiert mögliche Entwicklungen zu beschreiben.  Die Vorstellung, dass Patienten ihre Beschwerden loswerden wollen und wenig Interesse an weiteren Schmerzen, Entzündungen usw. haben, ist eine recht vernünftige Ausgangsbasis.

2. Medikamente und ihre Wirkung

Nehmen wir an, der Patient hat Schmerzen. Das Medikament, das verordnet wird, nimmt die Schmerzen. Aha. Das Prinzip: den Nutzen aus der Patientenperspektive erläutern. Die genaue Zusammensetzung und Wirkungsweise ist dabei für die meisten irrelevant. Kritische Patienten werden hier nach möglichen Nebenwirkungen fragen – und vielleicht aus der Behandlung aussteigen, wenn die erwartete Wirkung nicht eintritt, wenn unerwünschte Nebenwirkungen tatsächlich eintreten. Gehen wir davon aus, dass bestimmte Wirkungen nur als Wahrscheinlichkeitsaussage bekannt sind, lässt sich kaum voraussehen, ob seltene Wirkungen in einem bestimmten Einzelfall nun wirklich auftreten oder nicht.  Die Frage ist, ob in diesen Fällen wirklich eine Rückmeldung erfolgt – oder die Einnahme der Medikamente stillschweigend oder offen verweigert wird. Wenn der Verzicht auf die Medikamente ernsthafte Probleme nach sich ziehen kann, sind Nebenwirkungen ein wichtiges Thema – die kurze Argumentationslinie sollte deshalb zumindest einen Vorschlag beinhalten, was geschehen kann, wenn unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. Eine Rückmeldung an den Arzt ist auf jeden Fall besser als das verdeckte Absetzen.

3. Wirkungsziele und Behandlungsplan

Manche Medikamente wirken nur bei regelmäßiger Einnahme, bei anderen dauert es seine Zeit, bis sie ihre Wirkung entfalten.  Morgens die gesamte Tagesdosis einzunehmen kann gefährlich sein. Und so weiter…

Insgesamt ergibt sich ein Grundmuster aus knappen Aussagen, die in wenigen Sekunden vermittelbar sind.

Warum dieses Medikament?          
  • (Probleme des Patienten beschreiben, Symptome und Gefahren benennen)  
  • Medikament kann Symptom reduzieren/beseitigen – bei Nebenwirkungen Rückmeldung geben  
  • Medikament wirkt nur bei regelmäßiger Einnahme (Bsp.), 
deshalb: 3 x tgl…(o.ä.) (konkrete Hinweise zur Einnahme des Medikaments)

Das Muster kann und will nicht mehr sein als ein Entwurf – welche Details bei welchem Medikament wichtig und sinnvoll sind, muss sich aus der ärztlichen Praxis ergeben. 

Das Grundmuster lässt sich übrigens auch auf die Situation übertragen, in der aus medizinischer Sicht auf die Verschreibung eines Medikaments verzichtet wird. Eine solche Entscheidung kann in ihrer Rationalität intransparent bleiben, wenn sie nicht begründet wird. Eine Begründung kann individuell sein – etwa wenn substanzspezifische Allergien oder sonstige Unverträglichkeiten vorliegen, aber auch allgemein formuliert sein:  wenn Fachverbände oder Fachgesellschaften spezifische Leitlinien (etwa für die Verschreibung von Schlafmitteln) herausgeben, denken sie sich in der Regel auch etwas dabei. Aus der Patientenperspektive macht es einen Unterschied, ob ein Medikament einfach so verweigert wird oder eine fachliche Argumentation das medizinische Verantwortungsbewusstsein transparent macht.

Schlussbemerkung: dieser Text ist nicht aus der Perspektive eines praktizierenden Arztes geschrieben worden, sondern aus dem Bemühen entstanden,  ein mögliches Kommunikationsproblem einer Lösung näher zu bringen… Es kann und will nicht mehr sein als eine Anregung, die sich (so meine Hoffnung) weiter entwickeln und konkret anwenden lässt.

s. auch: Informationstherapie in der Medizin 

Antidepressiva haben mehr Nebenwirkungen als erwartet

Wenn bei Depressionen Medikamente verschrieben werden, erwarten die Ärzte natürlich, dass sie auch genommen werden. Viele Patienten setzen die Medikamente aber selbst ab - meist aufgrund der unangenehmen Nebenwirkungen. Mark Zimmerman, Direktor im Rhode Island Hospital (USA), ging deshalb mit seinen Kollegen der Frage nach, wie häufig solche Nebenwirkungen tatsächlich auftreten. 300 Patienten wurden befragt, die Nebenwirkungen wurden mit einem Fragebogen erfasst (einer angepassten Variante des TSES, der Toronto Side Effects Scale). Nebenwirkungen zeigten sich dabei 20mal häufiger als in den Aufzeichnungen der behandelnden Ärzte. Selbst die Einschränkung auf "häufige" oder "besonders lästige" Nebenwirkungen zeigte eine zwei- bis dreimal höhere Häufigkeit als die Ärzte vermutet hatten.
Die Schlußfolgerung der Autoren lautet, dass die Nebenwirkungen durch die Ärzteschaft also nur sehr unzureichend erfasst werden - die meisten der angegebenen Nebenwirkungen waren ihnen nicht bekannt. Häufig werde nach sexuellen Funktionsstörungen gefragt, andere Beschwerden aber vernachlässigt.  An manche Nebenwirkungen hatten sich die Patienten nach eigenen Angaben eben gewöhnt - und sie deshalb von sich aus überhaupt nicht angesprochen. Zimmerman kritisiert aber auch die unvollständige Information seitens der Ärzte an die Patienten, die zuwenig über mögliche Nebenwirkungen erfahren würden. Und dann eben aus eigenem Entschluss Medikamente zu früh absetzen. Sein Vorschlag ist deshalb, einen Fragebogen zu den tatsächlichen Nebenwirkungen häufiger einzusetzen, um die medikamentöse Behandlung von Depressionen zu verbessern.

Literatur:
Mark Zimmerman et al. Underrecognition of Clinically Significant Side Effects in Depressed Outpatients. Journal of Clinical Psychiatry, 2010;71(4):484%u2013490 DOI: 10.4088/JCP.08m04978blu

Quelle: 
Lifespan (2010, April 19). Depression medication: Patients report 20 times more side effects than recorded in charts, study finds. ScienceDaily. 
Retrieved April 20, 2010, from http://www.sciencedaily.com /releases/2010/04/100419151112.htm


Montag, 19. April 2010

Tod im Blumentopf

regen fiel gleich nach dem sturm
in der erde kriecht der wurm
doch martha hatte es im kopf:
ein pflänzchen für den blumentopf

ausgegraben mit den wurzeln
muss der wurm gen eimer purzeln
kundige erahnen schon:
das nächste war ein topf aus ton

es lässt sich wohl nicht ganz vermeiden
am pflänzchen etwas abzuschneiden
also nehme ich mal besser,
denkt sich martha: küchenmesser

schnippelt, schneidet eins zwei drei
dabei auch den wurm entzwei
martha kratzt sich dann am kopf
ein grabstein für den blumentopf

kam als zugabe hinein
der wurm soll nicht vergessen sein...

*

Allemand aussi? Nachtrag zur 'Minus-Ossi-Geschichte'

'Minus Ossi'... da musste gerichtlich festgestellt werden, dass Ostdeutsche kein eigener Volksstamm sind. Nochmal ganz deutlich: "Ossi" ist keine ethnische Herkunftsbezeichnung (s. dazu u.a. den Artikel in der ZEIT: Lasst und ostdeutsch sein!). Auf die Eingabe der Stichorte "Ossi minus" gibt Google etwa 51.800 Ergebnisse an... das scheint die Menschen wirklich zu bewegen. Also stöbern wir einmal... "Ossis sind auch nur Deutsche" titelt der Tagesspiegel und erwähnt dabei einen Aspekt aus dem Gerichtsurteil, dass es sich hier nicht um eine rassistische Diskriminierung handle. Ja wirklich, es ging also nicht nur  um die Frage, ob "Ossis" eine eigene Ethnie sind, sondern auch darum, ob sie gar eine eigene Rasse darstellen. Und das ist nun wirkklich abstrus, denn die Rassenlehre ist schon längst überholt, logisch konsequent deshalb die Forderung, den Begriff "Rasse" aus dem Grundgesetz zu streichen. Es kommt ja noch toller: die Klägerin sagte "Im Herzen bin ich Schwäbin" - da müsste sie dann doch eigentlich "Schwossi" heißen? Oder "Schwabossine"? Dass sich die Schwaben mit den Auswärtigen gelgentlich schwer tun, ist Realität (sagt ein gebürtiger Schwabe), aber das betrifft nicht nur die "Ossis", sondern auch andere "Reigschmeckte". Und der Effekt selbst - Vorurteile und Abneigungen gegen "Fremde" (auch innerhalb Deutschlands) tritt auch in anderen Regionen auf. Trotz allem haben sich die Deutschen 'zum Fressen gern', was schon der Umstand beweist, dass so mancher Münchner Hamburger isst, während auch die Freiburger sich gelegentlich auf Frankfurter Würstchen stürzen. Qualifikationsrelevant in Stuttgart ist eher die Frage nach den Maultaschenkenntnissen, die im Film der ARD Mediathek empirisch belegt sind....

Ein Fall für das Gericht? Vielleicht auch ein Fall für den kritischen Griff an die eigene (deutsche) Nase: das Schubladendenken ist nun einmal eine typisch deutsche Angelegenheit, schließlich muss ja alles seine Ordnung haben und wo kämen wir denn hin...? Leider zeigen die Erkenntnisse der Sozialpsychologie, dass das Thema Vorurteile ein allgemeinmenschliches Problem ist - wir brauchen Kategorien, um die Welt zu ordnen, da wird eben gebündelt, was irgendwie zusammenzupassen scheint... und es entstehen Muster, Stereotype, Klischees. Bilder, mit denen nicht nur "Ossis" oder "Wessis" oft genug Unrecht getan wird. Im Extremfall entstehen eben auch feindselige Ideologien, die in Resten immer noch vorhanden sind. Grund genug also, ab und zu auf die Problematik der Vorurteile und ihrer Konsequenzen aufmerksam zu machen. Dass ein leer gewordener Begriff wie "Rasse" überhaupt noch verwendet wird (und das gilt nicht nur in Deutschland, sondern auch im englischsprachigen Raum, insbesondere den USA) spricht dafür, dass die ideologische Loslösung vom Schubladendenken noch nicht besonders weit gediehen ist...
Fakt ist... dass Kulturen sich in vielen Bereichen und an vielen Orten der Welt vermischen, reine Kategorien also eine ziemlich künstliche Angelegenheit sind. Diskriminierung ist Realität - und bezieht sich auf eine breite Palette von Merkmalen, die Anlass für ablehnende Reaktionen sein können. Frage also: was sehen wir zuerst, Menschen in ihrer Individualität oder die Schubladen?

Nüchtern betrachtet zeigt das Beispiel aber auch, dass der Riss, der durch das deutsche Volk geht, noch lange nicht zusammengewachsen ist. Da hilft es auch nichts, wenn man Linsen mit Spätzle kochen kann.

Energie erfahren: Kinderumweltprojekt

Über eine Pressemitteilung bin ich auf ein Umweltprojekt aufmerksam geworden, das bei Kindern das Verständnis für Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien am Beispiel der Windenergie wecken soll.

Das folgende Video zeigt, wie so etwas aussehen kann:

Sonntag, 18. April 2010

Energieautonomie

Erneuerbare Energie: eine Lösung für die Probleme des Klimawandels? Eine Perspektive, die zuwenig beachtet, zuwenig gefördert wird? Wäre es möglich, die gesamte Energieversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen? Der Dokumentarfilm "Die 4. Revolution: Energieautonomie" läuft in Österreich und in Deutschland inzwischen in den Kinos. Hier der Trailer...



ARD-Filmtipp: die 4. Revolution
Freie Energie für alle (Interview mit dem Regisseur Carl A. Fechner)

*

Samstag, 17. April 2010

Klimaschutz: neue Argumente oder neue Polemik?

"Zwei Grad und nicht mehr" - so lautet der Titel eines Artikels in der ZEIT, der sich mit den Angriffen auf den Klimaschutz auseinandersetzt. Die Autoren sitzen im Wissenschaftlichen Beirat Globale Umweltveränderungen und verteidigen das Zwei-Grad-Ziel, das im Copenhagen Accord zumindest als Leitlinie aufgenommen ist. Das Anliegen meiner Analyse bezieht sich die Argumentationsstrukturen: wo also sind Thesen und Schlußfolgerungen rund um das Thema begründet und an welchen Stellen tritt die Polemik in den Vordergrund?

Zunächst die Fragestellungen:

War die Klimakonferenz ein Fehlschlag oder doch ein Schritt in die richtige Richtung?
Ist der Bericht des Weltklimarats IPCC falsch?
Gibt es den Klimawandel überhaupt?
Ist die Hockeyschlägerkurve widerlegt?
Ist der Einwand, Klimawandel habe es schließlich auch in früheren Zeiten gegeben, berechtigt?
Müssen wir mit Klimafolgeschäden aufgrund der fortschreitenden globalen Erwärmung rechnen?
Sind Klimaschutzmaßnahmen wichtig - oder ist auch eine Anpassung an ein verändertes Klima möglich?
Was ist Risikomanagement und wie sollte es aussehen?

Die entscheidende Frage betrifft zunächst den Klimawandel überhaupt - genauer betrachtet sind es hier zwei Fragen, die unterschiedlich beantwortet werden: ob es ihn gibt und wenn ja, ob er 'menschengemacht', also Folge der Kohlendioxidemissionen ist.
Das Problem, das Wurzel und Grundlage vieler polemischer Äusserungen ist, liegt im Bericht des Weltklimarates, der zumindest eine Fehlprognose enthalt: dass der Himalaya bis 2035 eisfrei ist, gilt inzwischen als widerlegt. Die Verteidiger des Zwei-Grad-Ziels (namentlich Prof. Hans Joachim Schellnhuber, Institut für Klimafolgenforschung in Potsdam, Prof. Claus Leggewie, Kulturwissenschaftliches Institut Essen, Professorin Renate Schubert, Institut für Umweltentscheidungen Zürich) räumen Fehler im Bericht des IPCC ein, aber sie seien 'an einer Hand abzählbar'. Die Schwierigkeit im Problemfeld liegt darin, dass wissenschaftliche, politische und technologische Fragestellungen miteinander verbunden werden - was einerseits der Bedeutung des Themas gerecht wird, andererseits aber auch eine breite Angriffsfläche für mehr oder weniger unsachliche Argumentationslinien, Zweifel und Bedenken liefert.
Es ist mühsam, herauszufiltern, was denn nun (noch) stimmt und was nicht - es ist der Sache aber auch nicht dienlich, wenn aufgrund einzelner Fehler der gesamte Bericht des IPCC verworfen wird. Eine Aussage aus dem ZEIT-Artikel möchte ich deshalb unterstreichen:

"Es ist wünschenswert, dass die Forschung zum Klimawandel und die Berichterstattung des IPCC darüber auf immer neue Prüfstände kommen."

Forschung wird in der Regel sowieso ständig überprüft - lässt sich aber auch leicht in Frage stellen, wenn politische oder finanzielle Interessen unterstellt werden, die gewisse Ergebnistendenzen nahelegen. Und die Berichterstattung lässt sich überprüfen, wenn die zugrundeliegenden Forschungsergebnisse transparent gemacht werden und damit nachvollziehbar sind. Bei alledem scheint das Problem weniger in der Klimaforschung selbst, sondern in der Art und dem konkreten Vollzug der Wissenschaftskommunikation zu liegen. Um in diesem komplizierten Geflecht etwas mehr Klarheit zu schaffen, scheint es mir sinnvoll, verschiedene Bereiche und Fragestellungen voneinander zu trennen:

1. Es gibt es empirische Daten, die messbar und darstellbar sind.
2. Es gibt Prognosen, die Wahrscheinlichkeitsaussagen zum Ausdruck bringen - und davon abhängen, welches Modell zugrunde gelegt wird.
3. Es gibt Ziele, die sich aus der Forschung selbst nicht ableiten lassen.
4. Politische Entscheidungen lassen sich vor dem Hintergrund bestimmter Ziele beurteilen.
5. Wünschenswerte technologische Entwicklungen hängen in ihrer Beurteilung ebenfalls von formulierten Zielen ab.

Zurück zum Gletscher: die Prognose war falsch. Das bedeutet natürlich nicht, dass sämtliche empirische Daten, auf die sich der Bericht des IPCC bezieht, ebenfalls falsch sind. Wer die Ebenen nicht sauber voneinander trennt, kann aber zu dem Schluß kommen, dass die Klimaforschung eben "nicht stimmt" - und dann liegt das Problem in der Glaubwürdigkeit eines Forschungsbereiches, der sich in die Politik einmischt, aber stellenweise eben doch auf wackeligen Beinen steht. Prognose bedeutet eben: "wir wissen es nicht, wir machen eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit, mit der bestimmte Ereignisse unter bestimmten Voraussetzungen auftreten werden". Aus diesen Prognosen wiederum lassen sich Ziele ableiten - wenn sich die Grundlagen nicht verändert haben, ist es logisch, dass die Zielvorstellung "maximal 2 Grad" ebenso konstant bleibt. Streng genommen ist es aber keine wissenschaftliche Aussage - sie kann also nicht empirisch belegt werden, sondern ist begründbar mit Bezug auf empirische Forschung, rational vor dem Hintergrund des aktuellen Forschungsstands - und potentiell revisionsbedürftig, wenn sich neue Erkenntnisse zeigen.

Neue Argumente scheint es im Moment nicht zu geben, die Sachlage ist und bleibt kompliziert. Skeptiker gibt es immer noch und die These, dass es den Klimawandel überhaupt nicht gibt, scheint in manchen Köpfen recht stabil zu sein. Die Frage ist, ob sich dahinter rationale Einsicht verbirgt oder ein Igeleffekt, soll heißen: "die ganze Geschichte ist zu kompliziert und beängstigend, also denken wir besser nicht darüber nach". Polemik hilft an dieser Stelle nicht weiter - eher schon das Bemühen um Glaubwürdigkeit und der kritische Blick auf die Darstellung eines komplexen Problems. Wie schwierig es ist, einen globalen Konsens zu finden, der die Bemühungen der ganzen Welt auf ein einziges Ziel ausrichtet, das hat die Konferenz in Kopenhagen deutlich gezeigt. Trotz alledem sind Überlegungen zum Umweltschutz und Klimaschutz nicht unsinnig geworden. Die Frage ist, ob eine neue Diskussion über Sinn und Unsinn des Zwei-Grad-Zieles eine sinnvolle Entwicklung auslösen kann. Vielleicht würde es mehr bringen, Teilprobleme abzugrenzen, einzelne Fragen zu bearbeiten und zu klären, Ansätzen nachzugehen, die an irgend einer Stelle etwas Konstruktives bewirken.

Aus den Kommentaren zum Artikel in der ZEIT habe ich einen Link herausgefischt, den ich hier noch einfügen möchte: "Wo Wüsten Hokuspokus sind" lautet der Titel in der Süddeutschen. Darin geht es um gezielte Aktionen gegen die Glaubwürdigkeit der Klimaforschung - aus wirtschaftlichen Interessen heraus. Es bleibt also nichts anderes übrig, als immer wieder neu nach der Wahrheit zu fragen - und zu berücksichtigen, dass immer wieder gern Sachverhalte so dargestellt werden, dass sie den eigenen Interessen möglichst nicht im Wege stehen. Etwas mehr Sachlichkeit und Vernunft würde dem Klima der Klimadiskussionen sicher gut tun.

s. auch:

*

Freitag, 16. April 2010

Netzneutralität: was ist das eigentlich?

Wie ist das eigentlich mit den Bits im Netz? Sind alle gleich schnell, also alle Bits gleich oder sind manche etwas gleicher als andere? Netzneutralität hat etwas damit zu tun, ob und wie Daten transportiert werden, wie schnell sie transportiert werden und ob das, was da transportiert wird, kontrolliert, beschleunigt, abgebremst oder komplett blockiert wird. Dass all das auch etwas mit Meinungsfreiheit zu tun hat, dürfte nicht allzu schwer zu verstehen sein. Das Video zur ZDF-Sendung, die sich mit diesem Thema beschäftigt, ist schon beinahe ein Jahr alt - stellt aber eine gute Einführung in das Thema dar. Geeignet also für alle, die einfach einmal verstehen wollen, was mit dem Begriff 'Netzneutralität' gemeint ist.





s. dazu: Internet-Flatrates am Ende? (Welt Online, 16.04.2010)

Donnerstag, 15. April 2010

Gulan: Antigravitation

Eine Antigravitationsbahre könnte ganz angenehm sein... zumindest erinnert der Titel 'Antigravitation' an die Überwindung der Schwerkraft, das Davonschweben in angenehmen Klängen. Wer den Versuch wagen möchte....


Können Schmerzen angenehm sein?

Können Schmerzen angenehm sein? Eine neue Studie scheint diesen Schluß nahezulegen. Genauer gesagt: chronischer Schmerz verändert die Wahrnehmung akuten Schmerzempfindens. Noch genauer: das Gehirn reagiert anders. Die Studie, um die es geht, ist im Journal "Neuron" erschienen und beschreibt die veränderte Reaktion neuronaler Schaltkreise bei chronischen Schmerzen. Wie das alles genau funktioniert, das liegt teilweise noch im Dunkeln - zunächst einmal ist Schmerz eine subjektive Empfindung, was sich dabei auf der physiologischen Ebene abspielt, ist nicht so ganz klar. Das Forscherteam um Dr. A. Vania Apkarian (Northwestern University Feinberg School of Medicine in Chicago) benutzte die Magnetresonanztomographie, um die Hirnaktivität bei akuten und chronischen Schmerzen zu untersuchen. Mit 'chronischen Schmerzen' sind dabei Rückenschmerzen gemeint, die 'akuten Schmerzen' sind im Original als 'acute noxious themal stimuli' bezeichnet - 'noxious' heißt wörtlich 'schädlich', 'thermal stimuli' sind Temperaturreize, und da der Begriff 'thermal' meist für Hitze verwendet wird, tippe ich auf Hitzereize - also etwa die Berührung mit einem sehr heißen Gegenstand. Die Schmerzwahrnehmung und die Hirnregionen, die in den beiden Gruppen aktiviert wurden, waren nahezu identisch - aber es gab einen deutlichen Unterschied in der Region des Nucleus accumbens. Und das ist nun das Seltsame: bei den Patienten mit chronischen Rückenschmerzen löste akuter Schmerz einen Rückgang der Aktivitäten im Nuclues accumbens aus. Akuter Schmerz reduziert also den chronischen - und wirkt kurzfristig angenehmer als der chronische Schmerz. Die Forscher interpretieren das Ergebnis als einen dysfunktionalen Lernprozess bei chronischen Schmerzpatienten.

Kommentar: dieser etwas merkwürdige Effekt lässt sich verhaltensanalytisch gut erklären - wer keine chronischen Schmerzen hat, empfindet nachlassenden Schmerz natürlich als Erleichterung (ein unangenehmer Reiz fällt weg). Bei chronischen Schmerzen tritt mit dem Rückgang des akuten unangenehmen Reizes aber der noch unangenehmere chronische Schmerz in den Vordergrund - also 'tut es weh, wenn der Schmerz nachlässt". Ob sich dieser Befund schmerztherapeutisch umsetzen lässt, ist allerdings die Frage - auch wenn akute Schmerzen kurzfristig ablenken und 'angenehm' sind... scheint mir diese 'Methode' nicht besonders menschlich oder hilfreich zu sein...

vgl. dazu eine weitere Übersetzung der Studie: Wenn Schmerzen von Schmerzen ablenken

Literatur:
Marwan N. Baliki, Paul Y. Geha, Howard L. Fields, A. Vania Apkarian. Predicting Value of Pain and Analgesia: Nucleus Accumbens Response to Noxious Stimuli Changes in the Presence of Chronic Pain. Neuron, Volume 66, Issue 1, 149-160, 15 April 2010 DOI: 10.1016/j.neuron.2010.03.002

Quelle:
Cell Press (2010, April 15). Hurts so good: Chronic pain changes brain response to acute pain. ScienceDaily. Retrieved April 15, 2010, from http://www.sciencedaily.com­/releases/2010/04/100414122637.htm

*

Mittwoch, 14. April 2010

Spencer Johnson, Entscheidungen und Psychosen

Die Fahrt im Space Elevator hatte ich kaum wahrgenommen, noch bevor ich ein Bild davon entwickelt hatte, in welcher Ecke der Raumstation Orbital Alpha ich denn diesmal gelandet war, reichte mir jemand einen Zettel. Zettel? Wie altmodisch, dachte ich noch.
"Ja oder nein?", stand darauf. "Spencer Johnson?", kam meine spontane Reaktion. "Ja, genau." Aha, dachte ich halbwach dämmernd, wenn ich von so etwas träume und mir Spencer Johnson begegnet, dann stehen wohl Entscheidungen in meinem Leben an. Soso... Wollte er mich zu einer Wanderung einladen? Es wurde eher ein Spaziergang daraus, rund um den Orbitalring, der die Raumstation kreisförmig umschloss. Der Blick in den Weltraum war faszinierend, so weit über den Wolken in die Ferne blicken zu können, das hatte schon seinen Reiz. Ins Gespräch vertieft über Höhen und Tiefen, beweglichen Käse, Veränderungen und Entscheidungen stellte er mir unerwartet eine Frage. "Was stellen Sie sich unter einer Psychose vor? Und jetzt bitte keinen Lehrbuchvortrag...". Da überlegte ich dann eine Weile...
"Psychose ist ein unvollständiger Bezug zur Realität", antwortete ich schließlich.
Spencer Johnson war erstaunt. "Kein 'gestört', kein 'verrückt'?", wollte er wissen. Nein, die Wahl des Wortes 'unvollständig' war bewusst gewählt, so etwas fällt mir eben nur im Traum ein... "Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Idee. Wollen ein Buch schreiben über Entscheidungen, kommen auf die Idee, eine Wanderung als Rahmen zu wählen, schreiben ein paar Zeilen, zwei oder drei Seiten. Welche Impulse kommen Ihnen in den Sinn, wenn Sie einen Schritt zurücktreten und sich sagen, 'das Werk ist unvollständig'?" - "Weiter schreiben natürlich, inzwischen ist das Buch ja längst fertig", sagt er. Richtig, das Buch ist längst fertig... wie so manches andere auch. "Was wäre gewesen, wenn jemand den Entwurf als 'verrückt' oder 'gestört' bezeichnet hätte?" - "Nichts, ich hätte mich höchstens darüber geärgert", meinte er und rätselte wohl, worauf ich hinaus wollte.
"Im Grunde geht es um eine einfache Strategie - der Weg aus der Psychose ist die Suche nach der Realität. Das hat auch etwas mit Entscheidungen zu tun. Und so ähnlich, wie man seinen Verstand und sein Herz befragen kann, wenn es um Entscheidungen geht, kann man auch Fragen stellen, um den Bezug zur Realität zu vervollständigen. Was ist für mich real? Was ist für andere real? Wie kann ich mich mit anderen über das verständigen, was real ist?" - "Das klingt beinahe so, als würden Sie Psychosen nicht besonders ernst nehmen... So einfach ist es nun wirklich nicht", wandte er ein. "Schließlich flüchten manche gerade deshalb in die Psychose, weil sie die Realität nicht aushalten können". Trotz allem stimmte er mir zu, dass auch das mit Entscheidungen zu tun hatte... auch wenn sie nicht unbedingt sehr bewusst getroffen waren. So. als würde sich die Psychose langsam heranschleichen, aus einer vagen Idee eine feste Überzeugung basteln... Ich dachte an Birdy:


Klar, fliegen zu können wie ein Vogel, das wäre eine feine Sache. Im Traum ist das ja auch kein Problem. Die Bälle, die sein Freund schließlich anschleppt, um ihn in die Realität zurück zu bringen, haben dagegen etwas Handfestes. Zum Anfassen.
Beim Aufwachen sortierte ich erstmal... begegnet bin ich Spencer Johnson nie, aber sein Buch "Ja oder nein" gibt es wirklich. Den Film "Birdy" auch. Es hat schon was, wenn man zwischen Realität, Fantasie und Traum klar und deutlich unterscheiden kann.

Related Posts with Thumbnails